Monatsarchiv: August 2011

Ägypten: Vom arabischen Frühling in den islamischen Winter

Als einer der Ägypten kennt und einige gute ägyptische Freunde hat muss ich leider feststellen, dass die Hoffnung, dass sich in Ägypten sowas wie eine rechtsstaatliche Demokratie, die Menschenrechte respektiert, durchsetzt, zumindest für absehbare Zeit verschwindend klein ist. Viel realistischer ist leider, dass dem arabischen Frühling ein langer islamische Winter folgt.

Das liegt daran, dass viele Ägyper zwar gute, freundliche Menschen sind, aber in Sachen Politik und Religion die große Mehrheit der Bevölkerung völlig unaufgeklärt ist und seit Jahrzehnten, wenn nicht  seit Jahrhunderten, politisch rationales Denken, wie im Großteil der arabischen Welt, Tabu ist. Das hat sich in den letzten Jahren durch Satellitenfernsehsender, die dutzendfach die islamische Propaganda aus Saudi Arabien und anderen islamischen Ländern senden, finanziert mit Milliarden Petrodollars, noch verstärkt, was man auch daran sieht, dass sich der Anteil an kopftuchtragenden und vollverschleierten Frauen in Ägypten in den letzten Jahrzehnten vervielfacht hat.

Die offizielle Politik, sowohl von Regierung als auch von Opposition, und auch die Medienberichterstattung basiert so gut wie ausschließlich auf Verschwörungstheorien: Da ist dann Israel (bzw. die USA) nicht nur für den Siedlungsbau verantwortlich, sondern für wirklich für Alles: Krebs, Aids, Tsunamis, Erdbeben etc., selbst unter dem vergleichsweise „prowestlichen“ Mubarak war das schon so. Es ist erschreckend und ziemlich deprimierend zugleich, wenn mir ägyptische Bekannte, allesamt Akademiker, wie selbstverständlich erzählen, Friede könne es nicht geben, da Israel in den letzte Jahren Millionen Ägypter mit Krebs und Aids ermordet hätte.

Immer häufiger werden auch die christlichen Kopten Opfer von Verschwörungstheorien, was bereits wiederholt zu Gewaltausbrüchen mit dutzenden Toten und abgebrannten Kirchen geführt hat. Die Verschwörungstheorien werden wie am Fließband produziert, um von den wahren Schuldigen für die zahlreichen realen Probleme in Ägypten abzulenken: den korrupten Regierenden und Beamten und den religiösen Eiferern, die ihr Weltbild des 7. Jahrhunderts propagieren.

Da auch die Muslimbrüder, mit ihrem Weltbild von vorvorgestern, kein einziges der Probleme in Ägypten lösen werden, ist zu befürchten, dass sie, bevor ihr Scheitern für alle Ägypter zu offensichtlich wird, die Märtyreroption wählen, den Friedensvertrag aufkündigen und sich in einen Krieg mit Israel flüchten. Möglich auch, dass das derzeitige Militärregime ihnen zuvorkommt und um einen wahrscheinlichen Machtverlust nach den Wahlen zu verhindern und wieder einmal für ein paar Jahrzehnte einen Ausnahmezustand verhängen zu können, die Kriegsoption wählt.

Leider fiebern auch in der ägyptischen Bevölkerung nicht wenige, nach Jahrzehnten der Propaganda – trotz Friedensvertrag –wenig verwunderlich, einen Krieg gegen Israel entgegen. Immerhin sind alle Ägypter, die ich kenne absolut überzeugt, dass sie bereits den letzten Krieg gegen Israel (Yom Kippur Krieg) überlegen gewonnen haben, und nur dunkle Verschwörungen ihren Triumph schmälern, einem neuen Krieg also nicht entgegensteht. Wer die Wahrheit kennt, weiß natürlich, dass es anders war. Und so werden vermutlich viele Ägypter als auch viele europäische Kommentatoren vom Traum eines arabischen Frühlings bald ernüchtert aufwachen.

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Integrationspolitik und Islam – gut gemeint, aber glatt daneben.

Gleich vorneweg, menschlich gesehen ist es überaus sympathisch und in vielen Fällen auch richtig, bei Kritik an anderen Kulturen und Religionen zurückhaltend zu sein. Menschen, die die Schuld immer bei anderen suchen, gibt es genug und in der Regel sind es keine guten Menschen. Alte Sprüche wie, den Dreck vor der eigenen Türe kehren, zuerst in den eigenen Spiegel schauen und auch das allseits bekannte Jesus Zitat „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“ bergen große Weisheit in sich.

Gerade Sozialdemokraten und Grüne haben sich diesen Grundsatz, Kritik an anderen Kulturen möglichst zu vermeiden und größtmögliche Toleranz zu üben, verinnerlicht. Das ist grundsätzlich gut und grundsätzlich anständig, aber die Betonung liegt auf grundsätzlich. Und die Ausnahme bestätigt die Regel.

Aus Angst Gefühle zu verletzen, aber zum Teil wohl auch als Bequemlichkeit, hat man seit Beginn der muslimischen Zuwanderung auf eine sachliche Diskussion zum Thema Islam und zur Frage, inwieweit die religiösen und kulturellen Werte der Zuwanderer mit Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte vereinbar sind, weitestgehend verzichtet. Wenn man auch die gute Intention gehabt hat, durch größtmögliche Toleranz Integration zu fördern, bewirkt hat es das Gegenteil – und verloren dabei haben nicht zuletzt die Muslime, insbesondere die Kinder muslimischer Eltern.

Die fehlende sachliche Auseinandersetzung mit dem Islam basiert auf einem Fehler, den man in der Regel den Rechten vorhält: Menschen nicht als Individuen zu sehen, sondern sie mit ihrer Religion oder Herkunft gleichzusetzen.

Da man seinen türkischen Nachbarn, der ein sympathischer Mensch ist, nicht beleidigen will, stellt man den Islam unter Naturschutz, so als wäre der türkische Nachbar ident mit der Ideologie aus dem 7. Jahrhundert der arabischen Halbinsel. Das ist ein wenig so, als wenn man den durchschnittlichen Taufscheinkatholik mit dem Vatikan gleichsetzt, und aus dessen Verhalten ableitet, der Vatikan sei ein Hippieverein, der außerehelichen Sex propagiert und zu Weihnachten den Coca Cola Weihnachtsmann feiert. Tatsächlich ist der Vatikan im Vergleich zu den islamischen Glaubenswächtern in Saudi Arabien und Teheran ein ultraliberaler, feministischer Hippieverein.

Erst wenn man klar differenziert zwischen Muslimen als Individuen einerseits, denen man ein aufgeklärtes Weltbild vermitteln kann (was im Übrigen auch bei den meisten Österreichern und Deutschen nach dem 2. Weltkrieg von Nöten war) und dem Islam andererseits, der eindrucksvoll beweist, dass die arabische Halbinsel im 7. Jahrhundert von Demokratie und Menschenrechte ähnlich weit entfernt war, wie Saudi Arabien heute, hat man eine Chance eine vernünftige Integrationspolitik zu machen.

Der erste Schritt zu einer Integrationspolitik, die den Namen auch verdient, muss in der Schule stattfinden: Statt wie in Österreich Islamunterricht in öffentlichen Schulen, einen umfassenden politischen Aufklärungs- und Staatsbürgerunterricht, für Muslime und Nichtmuslime, der die Grundlagen von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte und vor allem das Konzept von aufgeklärtem kritischem Denken vermittelt. Dann könnte man dem türkischen und arabischen Schüler auch erklären, dass sein Handy, sein PC, das Internet und alles andere, was eine fortschrittliche, lebenswerte Gesellschaft ausmacht, wie etwa Demokratie und Menschenrechte, nicht vom Himmel gefallen ist und nicht auf Glauben beruhen, sondern auf Denken, Wissen und Vernunft.

Und in der Politik und den Medien brauchen wir eine Integrations- und Islamdebatte, die sachlich, ehrlich und offen die Probleme anspricht und die Widersprüche zwischen islamischen Dogmen und Demokratie und Menschenrechte benennt. Eine solche Debatte darf nicht mit Polemik oder gar Hetze geführt werden, aber die Wahrheit muss zumutbar sein. Und das heißt, dass man sich von der Vorstellung, dass eine Rechts- und Gesellschaftsordnung aus dem 7. Jahrhundert der arabischen Halbinsel für Integration in Europa des 21. Jahrhunderts kein Problem darstellt, oder das alles nur eine Interpretationssache ist, verabschieden muss.

Der größte Fehler, den Parteien wie die Sozialdemokraten und Grüne aber auch die Christdemokraten machen können, wäre das Thema weiter zu tabuisieren und damit sowohl den radikalen Muslimen als auch den extremen Rechten ein Geschenk zu machen, für welches beide eigentlich laut Danke sagen müssten (wenn sie Anstand hätten…was sie aber natürlich nicht haben).

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Technische Evolution und politische Stagnation, und weshalb die Politik kein PC ist.

Vor 30 Jahren wurde von IBM der erste PC vorgestellt. 30 Jahre später haben Handys das tausendfache an Leistung.

Der technische Fortschritt ist faszinierend, insbesondere im Computerbereich. Ich bin Ende 20 und als ich in der Volksschule war, hatte ein Freund einen Commodore C 64 und wenig später war der ganze Stolz meines älteren Bruders ein „486“ von Escom, für den er sein gesamtes Konto geplündert hatte. Er kostete damals über 30.000 Schilling, heute hat er ein Smartphone mit 2 mal 1,2 GHz.

Es war ein anderes Jahrtausend – auch wenn es gerade mal 20 Jahre her ist.

Der technische Fortschritt ist in seiner Geschwindigkeit atemberaubend. Die politische Entwicklung ist hingegen häufig stagnierend, immer wieder von Rückschlägen gekennzeichnet und nicht selten deprimierend.

Klar, in Europa hat sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls vieles verändert – zum Positiven. Das soll man trotz Euro Krise nicht vergessen. Der Kommunismus ist Geschichte und nach dem 2. Weltkrieg, als Europa in Trümmer lag und die Nazis Millionen ermordet hatten, hätte ein Europa wie es heute ist als Utopie gegolten, an das vermutlich die wenigsten Optimisten geglaubt hätten. Alle Probleme, die es heute in der EU gibt, so ernst sie auch sind, im Vergleich zu dem was Generationen vor uns erlebt hatten, sind sie Lapalien. Europa ist, allen Problemen zum Trotz, eine Erfolgsstory.

Aber bei aller Dankbarkeit wie sich Europa in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, bleibt doch das beunruhigende Gefühl, es hätte alles anders kommen können. Viel hat den Nazis nicht gefehlt, um Europa langfristig zu unterjochen, und auch, dass die Sowjetunion und der Kommunismus in Frieden scheiterten, war alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Dass es heute in Europa Demokratie, Frieden und einen vergleichsweisen Wohlstand gibt, hat – ohne die Leistungen der Menschen, die dafür gekämpft haben schmälern zu wollen – auch viel mit Glück zu tun.

Historisch betrachtet sind Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte die absoluten Ausnahmen, der Zustand wie er heute in Europa herrscht eine äußerst seltene Anomalie. Selbst wenn man einmal von den totalitären Schreckensregimen des 20. Jahrhunderts absieht, die Jahrhunderte und Jahrtausende davor, seit es eine bekannte Menschheitsgeschichte gibt, war der Normalzustand – egal ob unter Kaisern, Könige, Warlords, Stammeshäuptlingen – Unterdrückung und Krieg, Mord, Folter und Totschlag.

Die gute alte Zeit hat es nie gegeben. Die gute Zeit, die beste Zeit ist die Gegenwart (inklusive der wenigen Jahrzehnten davor).

Wie die Zukunft wird, kann keiner sagen. Zumindest in Europa liegt sie in den Händen der Mehrheit der Bevölkerung und den von der Mehrheit gewählten Politikern. Das Problem ist, die Mehrheit der Bevölkerung interessiert sich wenig für Politik. Nicht wenige befassen sich mit der Kaufentscheidung für ein neues Handy mehr als mit der Frage, welche Partei sie wählen, sofern sie überhaupt wählen. Das politische Weltbild wird häufig von den Eltern vererbt oder von Freunden übernommen und hat meist mehr mit Gefühlslagen als mit Fakten zu tun. Die Mehrheit tendiert zur Passivität, nimmt das Erreichte – Demokratie, Menschenrechte – als Selbstverständlichkeit war. So als hätte es nie etwas anderes gegeben. Während die Mitte überwiegend passiv ist, gibt es an den Rändern die Radikalen, aktiv und hoch motiviert: Rechtsextreme, Linksextreme und Islamisten. Dass eine entschlossene und skrupellose politische Minderheit die Mehrheit für sich vereinnahmen kann und schließlich die Macht erlangt, hat die Geschichte schon oft bewiesen. Ich will jetzt keinen Alarmismus oder Pessimismus das Wort reden. Die Demokratie – vor allem in Deutschland – ist stabil.

Dennoch ist es deprimierend, dass man – insbesondere im Internet – immer wieder mit Ideologien konfrontiert wird, welche die Menschheit schon längst hätte entsorgen müssen bzw. die eigentlich gar nicht das Licht der Welt hätten erblicken dürfen. Alt- und Neonazis, denen zig Millionen Tote noch lange nicht genug sind, Kommunisten, die den Mauerbau huldigen, Islamisten, die vom 7. Jahrhundert, Sprengstoffgürtel und 72 Jungfrauen träumen

Und das ist auch ein wesentlicher Unterschied zum technischen Fortschritt. In der Technik setzt sich die bessere Lösung durch. Schlechtere Lösungen werden permanent durch bessere verdrängt. Keiner würde ernsthaft behaupten, dass der IBM PC, der vor 30 Jahren eine Sensation war, leistungsfähiger ist als ein moderner PC im Jahr 2011. Aber in der Politik gibt es nicht wenige, die, im übertragenen Sinne, auf Smartphones herumtrampeln (rechtsstaatliche Demokratien) und dagegen Buschtrommeln (totalitäre Ideologien) als Innovation anpreisen.

Kürzlich sah ich im Fernsehen ein Interview mit einem Vertreter der ägyptischen Muslimbruderschaft, der die Überlegenheit der islamischen Welt über den „ungläubigen“ Westen anpries. Auf seinem Schreibtisch stand ein PC mit Internetanschluss und zwischendurch leutete sein Iphone. Vermutlich hat er nie darüber nachgedacht, wer denn seinen PC, das Internet und das Handy erfunden hat und vor allem warum es nicht die „Gläubigen“, sondern die „Ungläubigen“ waren. Dass ist auch ein Unterschied. In der Technik zählt das Wissen, in der Politik allzu oft das Glauben – leider. Deshalb ist der Fortschritt keinesfalls garantiert. Das 7. Jahrhundert kann gegen das 21. Jahrhundert gewinnen, der Abakus über den ICore 7 – jedenfalls in der Politik.

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Die islamische Welt und die Verschwörungstheorien

Vor wenigen Tagen hatte ich ein Gespräch mit einer Bekannten. Sie hat als Kleinkind mit ihrer Familie Afghanistan verlassen und vor kurzem ihr Medizinstudium erfolgreich beendet. Die gesamte Familie ist bestens integriert, alle ihre Geschwister studieren oder sind bereits Akademiker. Sie fastet im Ramadan, trägt aber kein Kopftuch. Sie ist modisch gekleidet, eine selbstbewusste junge Frau, attraktiv und überaus sympathisch. Ein Musterbeispiel für gelungene Integration und dafür, dass es zahlreiche Zuwanderer gibt, von denen wir profitieren.

Wir hatten ein nettes Gespräch über Arbeit und Privates und im Laufe des Gespräch sind wir auch auf ihr Herkunftsland Afghanistan zu sprechen gekommen, das sie im Monat zuvor für einige Tage besucht hat. Sie war überrascht, wie viel in Kabul gebaut wird, wie geschäftig die Stadt ist und auch über den Kontrast zwischen der Armut auf der einen, aber auch den Reichtum und Luxus einer neu entstandenen Oberschicht auf der anderen Seite, den man hier in Europa in einem Land wie Afghanistan nicht vermuten würde. Und natürlich war es für sie ungewohnt und auch bedrückend, dass sie sich zu ihrer eigenen Sicherheit in der Öffentlichkeit verschleiert und in Begleitung ihrer männlichen Verwandten bewegen musste.

Ich wusste, dass sie wie die meisten meiner muslimischen Freunde auf Amerika nicht gut zu sprechen ist und wollte unser Gespräch nicht in eine politische Diskussion ausarten lassen, bei der vorhersehbar war, dass wir unsere unterschiedlichen Ansichten nicht überbrücken würden. Sie meinte wie dumm die amerikanischen Soldaten seien, und dass die Amerikaner wohl nie aus Afghanistan abziehen würden. Und ich, im Bestreben keine allzu kontroverse Diskussion ausbrechen zu lassen, versuchte sie damit beruhigen, dass die Amerikaner vermutlich deutlich früher abziehen werden als sie denkt. Immerhin habe Obama bereits dieses Jahr eine teilweise Truppenreduktion angeordnet und vor allem wolle sich Amerika den Krieg, der jedes Monat Milliarden kostet, angesichts der prekären Finanzlage nicht mehr leisten. Und dann sei dieses Jahr schließlich auch noch einer der Hauptgründe für die Militäroperation weggefallen, dadurch dass die Amerikaner Osama getötet haben. In dem Moment, in dem ich die Tötung Bin Ladens erwähnt habe, fing sie laut zu lachen an, gerade so als hätte ich eben einen Witz erzählt.

Das meine ich jetzt aber nicht im ernst, sagte sie erheitert. Ich könne doch nicht tatsächlich an das Märchen glauben, dass die Amis da inszeniert haben. Dass die Amerikaner Bin Laden schon vor Jahren getötet haben, wisse doch jedes Kind. Und sie haben auf eine passende Gelegenheit gewartet, um damit, wenn es ihren Interessen dient, an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich versuchte möglichst sachlich zu antworten: Weshalb sollte Bush seinen Nachfolger den Triumph der Bin Laden Tötung gönnen? Was hätte er davon gehabt, was hätte Amerika davon, außer der Schmach, dass es für fast 10 Jahre nicht gelungen ist, Bin Laden zu fassen. Was hätte Obama davon, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt eine solche Sache zu inszenieren – Kongresswahlen waren im letzten Jahr, Präsidentenwahlen sind noch eineinhalb Jahren weit weg.

Auf meine Erwiderung ging sie nicht ein. Für sie bestand der offensichtliche Beweis für die amerikanischen Lügen darin, dass keine Fotos von der Tötung veröffentlicht wurden. Mein Einwand, dass sie Fotos wohl auch nicht überzeugt hätten, im Zeitalter von Photoshop, quittierte sie mit einem Lächeln. Sie hatte offensichtlich Mitleid mit mir, wegen meiner Naivität an die für sie so offensichtlichen Märchen der Amerikaner zu glauben. Wir wechselten dann das Thema, sie hatte mich offensichtlich als politisch hoffnungsloser Fall abgeschrieben.

Das Gespräch gab mir anschließend noch zu denken. Ich habe viele muslimische Bekannte, darunter einige sehr gute Freunde,  und ich hatte mich eigentlich damit abgefunden, dass die islamische Welt Verschwörungstheorien in einem Ausmaß produziert wie China Plastikspielzeug. Dass die Amerikaner (alternativ die Israelis) das World Trade Center selbst in die Luft gesprengt haben, hatte ich von Muslimen schon so oft gehört, dass meine Erwiderungen mittlerweile nur noch routiniert halbherzig sind und ich beinahe schon irritiert bin, wenn ich einmal ausnahmsweise eine andere Geschichte höre. Was mich diesmal aber dann doch mehr bedrückte war, dass es für diese an sich intelligente, smarte Frau so selbstverständlich war, dass Amerikaner immer lügen, dass es wenn wer etwas anderes auch nur für möglich haltet, bei ihr ein spontanes Lachen auslöst. Ich dachte darüber nach, wer wen belügt und wie Menschen es mit der Beweiswürdigung halten, wenn es um ihr Weltbild, ihren Glauben geht.

Ich dachte mir wie bemerkenswert die Vorstellung ist, die viele Muslime teilen, dass die islamische Welt das Opfer einer allumfassenden Verschwörung ist und dass dabei selbst eine emanzipierte, intelligente, in Österreich aufgewachsene Frau auf der Suche nach den Urhebern dieser Verschwörung nach Amerika blickt – und nicht etwa nach Saudi Arabien. Dass sie so überzeugt ist, dass Teil dieser Verschwörung ein Barack Obama und eine Hillary Clinton sind – und nicht etwa die alten Männer mit den langen Bärten in den Moscheen, die Mullahs und Muftis, die Ajatollahs und Imame, die ihr als Ärztin erzählen würden, dass sie von Adam und Eva abstammt, dass ein Ort in Saudi Arabien, der Mittelpunkt des Universum ist und die Sonne sich um die Erde dreht. Die Männer, die sie dafür auspeitschen lassen würden, dass sie ohne Verschleierung auf die Straße geht oder dafür, dass sie sich mit einem Mann, mit dem sie nicht verheiratet ist, in einem Cafe trifft. Die ihr als Frau in Saudi Arabien nicht einmal das Autofahren erlauben würden.

Die Gewissheit, dass Muslime Opfer einer Verschwörung ist, teile ich mittlerweile, nur dass man auf Grundlage einer objektiven Beweiswürdigung die Gewissheit erlangt, dass die Urheber dieser Verschwörung nicht in Washington sitzen, sondern im  7. Jahrhundert der arabischen Halbinsel zu finden sind.                                                                                So lange es aber für die meisten Muslime Tabu ist, ihren eigenen Glauben zu hinterfragen, haben sie keine Alternative, als sich belügen zu lassen – und Verschwörungstheorien werden  eines der wenigen Exportgüter der islamischen Welt bleiben – abseits von Öl und Terror.

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Profil fragt, sind wir Anders? Die Medien, der Terror und die Aufklärung.

Das Massaker in Norwegen war ein Schock. Und das österreichische Nachrichtenmagazin Profil fragt (in seiner Ausgabe Nr 31, 2011), sind wir Anders? Und stellt fest, die Paranoia des Einzeltäters ist längst kollektiv salonfähig gemacht worden. Wir kennen die Angst vor Minaretten, Burkas, Überfremdung und Islamisierung genau wie der norwegische Massenmörder Anders Breivik.

Das verleitete mich wiederum zu Frage, welche Verantwortung trägt das Profil und andere Medien in der Diskussion zum Thema Islam. Dafür, dass sowohl die extremen Rechten als auch die radikalen Muslime an Zulauf gewinnen.

Und so schrieb ich der Profil Redaktion:

Sehr geehrte Profil Redaktion

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich einmal in der unbequemen Lage befinden werde, die FPÖ gegen einen Angriff zu verteidigen – üblicherweise kann man nicht viel falsch machen, wenn man mit dem Finger auf die Blauen zeigt.

Aber diesmal machen Sie es sich ein wenig zu leicht. Deutlich mutiger und vor allem erkenntnisreicher wäre es gewesen, wenn Sie und die Profil-Redaktion sich die Frage gestellt hätten, ob nicht auch Sie ungewollt beim Thema Islam eine Verantwortung tragen –  dafür, dass gerade in Österreich der politische Trend so deutlich nach rechts ausschlägt, und sich im Internet eine Gegenwelt zu den etablierten Medien aufgebaut hat. Eine Verantwortung dafür, dass man eine sachliche, um Aufklärung bemühte Diskussion über Islam und die damit einhergehenden Probleme und Herausforderungen gar nicht erst versucht und damit sowohl den extremen Rechten als auch den radikalen Muslimen ein Geschenk macht, für das beide laut Danke sagen müssten.

Dass es nach dem Massaker in Norwegen eine Vielzahl von Analysen über die Ursachen gibt, darüber welche Webseiten und Bücher der Mörder gelesen hat, woher seine mörderische Ideologie stammt, und man versucht, jeden Aspekt der Tat zu durchleuchten, versteht sich angesichts der Dimension der Tat von selbst. Zugleich wirft die Reaktion auf dieses Attentat aber auch ein Schlaglicht darauf wie Nachrichtenmagazine wie das Profil über Terrorismus schreiben, wenn es sich nicht um die Ausnahme – einen irren Norweger – sondern um die Regel handelt:

In den letzten 10 Jahre nach dem 11. September, obwohl in der islamischen Welt kaum ein Tag vergeht in dem Islamisten nicht ein Massaker (überwiegend an Muslimen) anrichten, hätte man das Profil mit einer Lupe lesen können, doch hätte man nichts darüber gefunden, welche Bücher ein Bin Laden oder ein Mohammed Atta gelesen haben, woher eigentlich die Taliban ihre ungute Angewohnheit mit dem Frauen steinigen haben, aus welcher Quelle die islamistischen Webseiten ihre Weisheiten alla „Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie trefft“ ziehen. Nicht dass es im Profil keine Analysen über die Probleme in der islamischen Welt geben würde, nur dass man nach dem Lesen der meisten Analysen zu wissen glaubt, dass erstens die Amis daran verantwortlich sein müssen und zweites, klar, die jüdische Siedlungen im Westjordanland.

Der Unterschied zwischen den Massakern in Norwegen und dem Terror am 11. September bzw. den alltäglichen Terror in der islamischen Welt, liegt dann auch weniger in der psychischen Konstitution der ausführenden Personen – mordende Extremisten verbindet in der Regel mehr als sie trennt – der große Unterschied liegt zwischen der Reaktion der Öffentlichkeit in Norwegen und jener in der islamischen Welt. In Norwegen wird die Tat von annähernd 100 % der zurechnungsfähigen Menschen verurteilt, während  in der islamischen Welt nach dem 11. September die Person mit den höchsten Zustimmungswerten Osama Bin Laden hieß. So lag laut Pew Research im größten und vergleichsweise moderaten  islamischen Land Indonesien die Zustimmungsrate zu Bin Laden nach 9-11 im Jahr 2003 bei 59 % (– bevor er wegen exzessiver Gewalt gegen Glaubensbrüder und nur mäßig erfolgreicher Anschläge gegen Ungläubige an Zustimmung wieder etwas einbüßte: http://pewresearch.org/databank/dailynumber/?NumberID=851 =

Und der populärste islamische Fernsehprediger mit wöchentlich rund 40 Millionen Zuschauer auf Al Jazeera, davon Millionen in Europa, dem vor wenigen Monaten bei seiner Rückkehr nach Ägypten von einer Million Menschen am Tahir Platz in Ägypten ein frenetischer Empfang bereitet wurde, predigt regelmäßig, dass Hitler ein Gesandter Gottes war und der Holocaust die gerechte Strafe Gottes für die Juden. Dass jeder Mord an Israelis, inkl. Frauen oder Kinder, den Eintritt ins Paradies garantiert versteht sich für moderate Islamisten von selbst.  Schließlich bezeichnete ja auch der politische Ziehvater von Vorzeigedemokrat Erdogan und mittlerweile verstorbene türkische Ministerpräsident Necmettin Erbakan, zu dessen Anhängern auch der neuen Präsidenten der IGGiÖ zählt, Juden gerne als Bakterien, die seit Jahrtausenden die Welt in einer Schreckensherrschaft knechten. http://www.welt.de/politik/ausland/article10769062/Erdogan-ist-ein-Kassierer-des-Zionismus.h)tml

Alles kleine Details über die das Profil naturgemäß nie berichten würde. Islam ist Frieden und Toleranz und wer was anderes behauptet, zB dänische Karikaturisten oder somalische Frauenrechtlerinnen wie Hirsi Ali, sind islamophob, also pathologisch – auch wenn man meinen könnte, dass bei den genannten Personen Morddrohungen und Attentatsversuche die Angst etwas weniger krankhaft erscheinen lassen würden.

Und da beginnt nun Ihre Verantwortung. Vielleicht ist es zum Teil Unwissen, vielleicht ist es auch gut gemeint, weil sie den  Rechten keine Vorlage bieten wollen, aber im Endeffekt machen Sie genau das – Sie, das Profil und die Parteien in der Mitte überlassen eines der zentralen Themen den Rechten und Rechtsextremen und treiben ihnen damit die Wähler zu – die Freiheitlichen müssten eigentlich laut Danke sagen, ebenso wie die muslimischen Extremisten.

Was wäre nun die Alternative abseits von Hetze auf der einen Seite und Realitätsverweigerung auf der anderen Seite? Die Alternative wäre eine sachliche, ehrliche, aufgeklärte Diskussion über Islam – zur Abwechslung basierend auf Fakten, nicht auf Wunschdenken oder Ideologie. Die Alternative wäre eine klare Unterscheidung zwischen Muslime als Individuen, die wie Angehörige anderer Glaubensrichtungen unterschiedlichste persönliche Eigenschaften und politische Überzeugungen haben, und dem Islam, der über einen transzendenten Glauben hinaus, ein umfassendes Rechtssystems inklusive politischen Herrschaftsanspruch verkörpert, und der von Menschenrechte, Demokratie und Toleranz so weit entfernt ist wie es die arabische Halbinsel im 7. Jahrhundert bei seiner Entstehung war – und heute noch ist.

Die Alternative wäre, keine Unterschiede mehr zu machen zwischen In- und Ausländern, Muslimen und Nichtmuslimen, sondern in jedem Fall entschieden gegen totalitäre Ideologien und menschenverachtende Dogmen zu kämpfen und entschlossen für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte einzutreten. Und dafür zu kämpfen, dass muslimische wie nichtmuslimische Kinder (bzw. richtiger, Kinder mit muslimischen und nichtmuslimischen Eltern) ein aufgeklärtes, vernunftgeleitetes, auf Humanismus basierendes Weltbild vermittelt bekommen.

Natürlich lässt politische Bildung, Staatsbürgerkunde, die Erziehung zu rationalem, kritischem Denken auch bei Österreichern ohne Migrationshintergrund zu wünschen übrig. HC Strache weiß das und lässt fleißig Comicheftln drucken. Aber zumindest gibt es in Österreich, abhängig von den Engagement der Lehrer, in den Geschichtsstunden so etwas wie Vergangenheitsbewältigung,  und in den meisten  österreichischen Medien, und  in der Politik – mit Ausnahmen bei ein bis eineinhalb Parteien  – so etwas wie einen Grundkonsens gegen Faschismus.

Hingegen hat der durchschnittliche österreichische Journalist nicht den Hauch einer Ahnung, was im Satellitenfernsehsender aus der islamischen Welt mit denen muslimische Kinder hier in Österreich aufwachsen und indoktriniert werden an Propaganda und Hass läuft  – und offenbar will er das auch nicht wissen (Tipp: Memri TV bei youtube). Naivität jenseits jeder Schmerzgrenze. Und so wird sich das Profil auch nie die Frage stellen, weshalb  es unter jungen Muslimen in Österreich, laut einer Umfrage im Jahr 2010, mehr Hitler Sympathisanten gibt als unter jungen FPÖ Wähler. Dabei sind die Opfer dieses Wegsehen und Weghören nicht zuletzt jene jungen Muslime, die nie mit einer Alternative zu ihrem indoktrinierten islamischen Weltbild konfrontiert worden sind, die man aus „Toleranz“ oder, ehrlicher, Gleichgültigkeit den Hasspredigern und dem 7. Jahrhundert überlassen hat – denen keiner widersprochen hat, dass die Evolutionstheorie vielleicht doch keine zionistisch-amerikanische Weltverschwörung ist. Oder dass ihr IPhone, ihr PC, das Internet und die Glühbirne nicht auf Glauben und Verschwörungstheorien, sondern auf Denken beruhen.

Sie schließen ihren Artikel „Sind wir Anders?“ mit dem Satz: … und während Henryk M. Broder unsere Kapitulation beklagt, hat Breyvik für uns zu den Waffen gegriffen. Genau das hat Broder beklagt und vor dem hat er gewarnt, dass wenn die Mitte der Gesellschaft, die politischen Entscheidungsträger und die Meinungsmacher, die es eigentlich besser wissen müssten, vor Problemen kapitulieren, die Irren und Verbrecher das Ruder übernehmen. Oder wie es Broder zu Beginn seines Buches „Hurra wir kapitulieren” mit einem Zitat von Edmund Burke auf den Punkt gebracht hat: „All that is necessary for evil to triumph is for good men to do nothing.“

Und genau da beginnt Ihre Verantwortung.

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Hello world!

Exilkärntner mit Hauptwohnsitz in Wien, Ende 20, berufstätig, aber von Zeit und Zeit noch (oder auch schon wieder) an der Uni, mit dem Bedürfnis ab und an zu politischen Themen, insbesondere zur großen Weltpolitik, seinen Senf abzugeben. Und daher, und weil ich nicht kochen kann, sollte der Blog trotz seines Namens kein Kulinarikführer werden. Schwerpunkte sollten (sofern ich mich aufraffen kann, regelmäßig etwas zu schreiben) vor allem Integrationspolitik und Internationale Politik sein.

Wollte mir eigentlich einen intelligenten Namen für meinen Blog einfallen lassen, gab aber nach 5 Minuten vergeblichen Nachdenkens auf und dachte an mein Abendessen – an Kasnudl. Zum Glück gibt es mittlerweile auch in Wien (zB Billa oder Spar) Tiefkühl Kasnudl, 10 Minuten im kochenden Wasser und fertig ist die Leibspeiße aus meiner Kärntner Heimat. Zwar nicht ganz wie bei Oma, aber jedenfalls eine gute Alternative zur Tiefkühlpizza. Wobei sie offenbar jenseits der Karawanken nicht alle Geschmacksnerven treffen. Nähere Informationen zu Kasnudl (bzw. hochdeutsch Kasnudel oder auch Kärntner Nudel) unter: http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4rntner_Nudel

Was ich sonst noch so mag bzw sehe, höre, lese: So gut wie alle Serien von HBO (Game of Thrones!), Linkin Park, Bücher von Henryk Broder und Ayaan Hirsi Ali (#hero!) .

 

Kontakt gerne unter kasnudl82@gmail.com

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