Das Massaker in Norwegen war ein Schock. Und das österreichische Nachrichtenmagazin Profil fragt (in seiner Ausgabe Nr 31, 2011), sind wir Anders? Und stellt fest, die Paranoia des Einzeltäters ist längst kollektiv salonfähig gemacht worden. Wir kennen die Angst vor Minaretten, Burkas, Überfremdung und Islamisierung genau wie der norwegische Massenmörder Anders Breivik.
Das verleitete mich wiederum zu Frage, welche Verantwortung trägt das Profil und andere Medien in der Diskussion zum Thema Islam. Dafür, dass sowohl die extremen Rechten als auch die radikalen Muslime an Zulauf gewinnen.
Und so schrieb ich der Profil Redaktion:
Sehr geehrte Profil Redaktion
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich einmal in der unbequemen Lage befinden werde, die FPÖ gegen einen Angriff zu verteidigen – üblicherweise kann man nicht viel falsch machen, wenn man mit dem Finger auf die Blauen zeigt.
Aber diesmal machen Sie es sich ein wenig zu leicht. Deutlich mutiger und vor allem erkenntnisreicher wäre es gewesen, wenn Sie und die Profil-Redaktion sich die Frage gestellt hätten, ob nicht auch Sie ungewollt beim Thema Islam eine Verantwortung tragen – dafür, dass gerade in Österreich der politische Trend so deutlich nach rechts ausschlägt, und sich im Internet eine Gegenwelt zu den etablierten Medien aufgebaut hat. Eine Verantwortung dafür, dass man eine sachliche, um Aufklärung bemühte Diskussion über Islam und die damit einhergehenden Probleme und Herausforderungen gar nicht erst versucht und damit sowohl den extremen Rechten als auch den radikalen Muslimen ein Geschenk macht, für das beide laut Danke sagen müssten.
Dass es nach dem Massaker in Norwegen eine Vielzahl von Analysen über die Ursachen gibt, darüber welche Webseiten und Bücher der Mörder gelesen hat, woher seine mörderische Ideologie stammt, und man versucht, jeden Aspekt der Tat zu durchleuchten, versteht sich angesichts der Dimension der Tat von selbst. Zugleich wirft die Reaktion auf dieses Attentat aber auch ein Schlaglicht darauf wie Nachrichtenmagazine wie das Profil über Terrorismus schreiben, wenn es sich nicht um die Ausnahme – einen irren Norweger – sondern um die Regel handelt:
In den letzten 10 Jahre nach dem 11. September, obwohl in der islamischen Welt kaum ein Tag vergeht in dem Islamisten nicht ein Massaker (überwiegend an Muslimen) anrichten, hätte man das Profil mit einer Lupe lesen können, doch hätte man nichts darüber gefunden, welche Bücher ein Bin Laden oder ein Mohammed Atta gelesen haben, woher eigentlich die Taliban ihre ungute Angewohnheit mit dem Frauen steinigen haben, aus welcher Quelle die islamistischen Webseiten ihre Weisheiten alla „Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie trefft“ ziehen. Nicht dass es im Profil keine Analysen über die Probleme in der islamischen Welt geben würde, nur dass man nach dem Lesen der meisten Analysen zu wissen glaubt, dass erstens die Amis daran verantwortlich sein müssen und zweites, klar, die jüdische Siedlungen im Westjordanland.
Der Unterschied zwischen den Massakern in Norwegen und dem Terror am 11. September bzw. den alltäglichen Terror in der islamischen Welt, liegt dann auch weniger in der psychischen Konstitution der ausführenden Personen – mordende Extremisten verbindet in der Regel mehr als sie trennt – der große Unterschied liegt zwischen der Reaktion der Öffentlichkeit in Norwegen und jener in der islamischen Welt. In Norwegen wird die Tat von annähernd 100 % der zurechnungsfähigen Menschen verurteilt, während in der islamischen Welt nach dem 11. September die Person mit den höchsten Zustimmungswerten Osama Bin Laden hieß. So lag laut Pew Research im größten und vergleichsweise moderaten islamischen Land Indonesien die Zustimmungsrate zu Bin Laden nach 9-11 im Jahr 2003 bei 59 % (– bevor er wegen exzessiver Gewalt gegen Glaubensbrüder und nur mäßig erfolgreicher Anschläge gegen Ungläubige an Zustimmung wieder etwas einbüßte: http://pewresearch.org/databank/dailynumber/?NumberID=851 =
Und der populärste islamische Fernsehprediger mit wöchentlich rund 40 Millionen Zuschauer auf Al Jazeera, davon Millionen in Europa, dem vor wenigen Monaten bei seiner Rückkehr nach Ägypten von einer Million Menschen am Tahir Platz in Ägypten ein frenetischer Empfang bereitet wurde, predigt regelmäßig, dass Hitler ein Gesandter Gottes war und der Holocaust die gerechte Strafe Gottes für die Juden. Dass jeder Mord an Israelis, inkl. Frauen oder Kinder, den Eintritt ins Paradies garantiert versteht sich für moderate Islamisten von selbst. Schließlich bezeichnete ja auch der politische Ziehvater von Vorzeigedemokrat Erdogan und mittlerweile verstorbene türkische Ministerpräsident Necmettin Erbakan, zu dessen Anhängern auch der neuen Präsidenten der IGGiÖ zählt, Juden gerne als Bakterien, die seit Jahrtausenden die Welt in einer Schreckensherrschaft knechten. http://www.welt.de/politik/ausland/article10769062/Erdogan-ist-ein-Kassierer-des-Zionismus.h)tml
Alles kleine Details über die das Profil naturgemäß nie berichten würde. Islam ist Frieden und Toleranz und wer was anderes behauptet, zB dänische Karikaturisten oder somalische Frauenrechtlerinnen wie Hirsi Ali, sind islamophob, also pathologisch – auch wenn man meinen könnte, dass bei den genannten Personen Morddrohungen und Attentatsversuche die Angst etwas weniger krankhaft erscheinen lassen würden.
Und da beginnt nun Ihre Verantwortung. Vielleicht ist es zum Teil Unwissen, vielleicht ist es auch gut gemeint, weil sie den Rechten keine Vorlage bieten wollen, aber im Endeffekt machen Sie genau das – Sie, das Profil und die Parteien in der Mitte überlassen eines der zentralen Themen den Rechten und Rechtsextremen und treiben ihnen damit die Wähler zu – die Freiheitlichen müssten eigentlich laut Danke sagen, ebenso wie die muslimischen Extremisten.
Was wäre nun die Alternative abseits von Hetze auf der einen Seite und Realitätsverweigerung auf der anderen Seite? Die Alternative wäre eine sachliche, ehrliche, aufgeklärte Diskussion über Islam – zur Abwechslung basierend auf Fakten, nicht auf Wunschdenken oder Ideologie. Die Alternative wäre eine klare Unterscheidung zwischen Muslime als Individuen, die wie Angehörige anderer Glaubensrichtungen unterschiedlichste persönliche Eigenschaften und politische Überzeugungen haben, und dem Islam, der über einen transzendenten Glauben hinaus, ein umfassendes Rechtssystems inklusive politischen Herrschaftsanspruch verkörpert, und der von Menschenrechte, Demokratie und Toleranz so weit entfernt ist wie es die arabische Halbinsel im 7. Jahrhundert bei seiner Entstehung war – und heute noch ist.
Die Alternative wäre, keine Unterschiede mehr zu machen zwischen In- und Ausländern, Muslimen und Nichtmuslimen, sondern in jedem Fall entschieden gegen totalitäre Ideologien und menschenverachtende Dogmen zu kämpfen und entschlossen für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte einzutreten. Und dafür zu kämpfen, dass muslimische wie nichtmuslimische Kinder (bzw. richtiger, Kinder mit muslimischen und nichtmuslimischen Eltern) ein aufgeklärtes, vernunftgeleitetes, auf Humanismus basierendes Weltbild vermittelt bekommen.
Natürlich lässt politische Bildung, Staatsbürgerkunde, die Erziehung zu rationalem, kritischem Denken auch bei Österreichern ohne Migrationshintergrund zu wünschen übrig. HC Strache weiß das und lässt fleißig Comicheftln drucken. Aber zumindest gibt es in Österreich, abhängig von den Engagement der Lehrer, in den Geschichtsstunden so etwas wie Vergangenheitsbewältigung, und in den meisten österreichischen Medien, und in der Politik – mit Ausnahmen bei ein bis eineinhalb Parteien – so etwas wie einen Grundkonsens gegen Faschismus.
Hingegen hat der durchschnittliche österreichische Journalist nicht den Hauch einer Ahnung, was im Satellitenfernsehsender aus der islamischen Welt mit denen muslimische Kinder hier in Österreich aufwachsen und indoktriniert werden an Propaganda und Hass läuft – und offenbar will er das auch nicht wissen (Tipp: Memri TV bei youtube). Naivität jenseits jeder Schmerzgrenze. Und so wird sich das Profil auch nie die Frage stellen, weshalb es unter jungen Muslimen in Österreich, laut einer Umfrage im Jahr 2010, mehr Hitler Sympathisanten gibt als unter jungen FPÖ Wähler. Dabei sind die Opfer dieses Wegsehen und Weghören nicht zuletzt jene jungen Muslime, die nie mit einer Alternative zu ihrem indoktrinierten islamischen Weltbild konfrontiert worden sind, die man aus „Toleranz“ oder, ehrlicher, Gleichgültigkeit den Hasspredigern und dem 7. Jahrhundert überlassen hat – denen keiner widersprochen hat, dass die Evolutionstheorie vielleicht doch keine zionistisch-amerikanische Weltverschwörung ist. Oder dass ihr IPhone, ihr PC, das Internet und die Glühbirne nicht auf Glauben und Verschwörungstheorien, sondern auf Denken beruhen.
Sie schließen ihren Artikel „Sind wir Anders?“ mit dem Satz: … und während Henryk M. Broder unsere Kapitulation beklagt, hat Breyvik für uns zu den Waffen gegriffen. Genau das hat Broder beklagt und vor dem hat er gewarnt, dass wenn die Mitte der Gesellschaft, die politischen Entscheidungsträger und die Meinungsmacher, die es eigentlich besser wissen müssten, vor Problemen kapitulieren, die Irren und Verbrecher das Ruder übernehmen. Oder wie es Broder zu Beginn seines Buches „Hurra wir kapitulieren” mit einem Zitat von Edmund Burke auf den Punkt gebracht hat: „All that is necessary for evil to triumph is for good men to do nothing.“
Und genau da beginnt Ihre Verantwortung.